Vor zwei Jahren habe ich bei der Siegerehrung nach unserem Auswärtsspiel in Mardorf erklärt, warum es als Preise statt Wein oder Logobällen zukünftig Honig gibt. Nun steht unser nächstes Spiel bevor, bereits am ersten Anmeldetag ausgebucht. Und es sind etliche SeMiGos dabei, die noch recht neu oder damals nicht dabei gewesen sind. Statt mich zu wiederholen, mögen diese, wenn sie wollen, die Geschichte dieser Preise hier nachlesen.
Im Laufe der Jahre bin ich in Berlin immer mal wieder in und auf der Zionskirche in Berlin gewesen. Die Kirche ist vor 150 Jahren auf dem Weinberg errichtet worden, einem der höchsten natürlichen Punkte in Berlin, heute Berlin Mitte nahe der Grenze Prenzlauer Berg. Damals war es, wie man heute sagen würde, ein sozialer Brennpunkt - viel Arbeiterschaft, Arbeitslosigkeit, Alkoholprobleme. Heute brummt dort - Zionskirchplatz, Kastanienallee, Oderberger Straße - der Berliner Bär. Seinerzeit sollten mit der Kirche und der Kirchengemeinde den Bewohnern eine Hilfe, ein sozialer Halt geboten werden. Einen erheblichen Teil der Baukosten hat der spätere Kaiser Wilhelm I aus seiner sog, Privatschatulle beigetragen, aus Dankbarkeit, weil er in Baden-Baden einem Attentat entgangen war. Er hat auch an der Einweihung der Kirche teilgenommen, die eine Reihe baulicher Besonderheiten aufweist.
An der Zionskirche hat übrigens Dietrich Bonhoeffer, der Name wird den meisten von Euch etwas sagen, Anfang der 30er Jahre als junger Pastor seine erste Arbeitsstelle gehabt. Er musste 50 schwierige junge Leute, die seinen Vorgänger ins Krankenhaus geärgert hatten, zur Konfirmation führen, was ihm in beeindruckender Weise gelungen ist. Später ist er in den Widerstand gegangen und 1945 hingerichtet worden. Ein Denkmal auf dem Zionskirchplatz erinnert an ihn.
Ende der 1980er Jahre war die Zionskirche ein Zentrum des Widerstandes gegen die Verhältnisse der DDR. Im Keller des Gemeindehauses gab es eine geheime Bibliothek mit verbotenen Schriften und die letzte freie Druckerpresse der DDR, auf der Flugblätter und Schriften angefertigt wurden. Es gab aber auch Bespitzelungen und Verhaftungen durch die Stasi.
Zurück in die letzten 20 Jahre. Ich bin also einige Male auf dem Turm der Zionskirche gewesen, weil man von einem Turmrundgang in etwa 35 m Höhe einen phantastischen Blick auf Berlin hat. Und vor einigen Jahren habe ich dabei etwas unterhalb des Rundgangs in einer Fensteröffnung drei Bienenkästen gesehen. Stadthonig ist heute etwas Gewöhnliches. In Berlin hat ein Imker beispielsweise Bienen auf dem Berliner Dom. Und auf der Dachterrasse einer der sündhaft teuren Penthauswohnungen am Gendarmenmarkt lässt auch ein Hobby-Imker seine Bienen arbeiten. Damals, als ich die Bienenkästen gesehen habe, war das aber doch noch eine Besonderheit. Aber keine schlechte Idee, denn die Bienen müssen sich nur vom Turm in die Lindenbäume der umliegenden Straßen fallen lassen.
Zwei Tage später saß ich mit unserer Tochter in einer französischen Crêperie am Zionskirchplatz. Auf der Speisekarte lasen wir, dass man auch Lindenblütenhonig von der Zionskirche verarbeitet. Wir haben nach dem Imker gefragt, er wohnte - und wohnt - nahebei, wir haben bei ihm geklingelt - ja, und seitdem essen wir zu Haus Lindenblütenhonig von der Zionskirche.
Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Herr Dr. Pflitsch, der Imker, ist nicht nur Hobby-Imker, sondern auch Golfer. Vor einigen Jahren hat er auf dem Platz seines Heimatclubs ebenfalls Bienenkästen aufgestellt und verkauft den Honig im Club als Golferhonig. Das hat sich bei anderen Clubs herumgesprochen, und inzwischen hat er auf mehreren Plätzen im Berliner Umland Bienen und damit einen ziemlichen Fulltime-Job. 12 Stunden am Tag reichen jetzt im Sommer nicht aus, sagte er mir, als ich vor zwei Jahren von unserer 3-Tage-Tour Golf in Semlin wieder zurückgefahren bin nach Berlin. Unterwegs habe ich nämlich gedacht: Warum eigentlich immer nur Wein oder Logobälle für die Sieger und Platzierten? Langer Rede kurzes Ergebnis: Ich habe aus Berlin Honig mitgebracht, immer wieder mal. Und nun gibt es bei den internen Auswärtsspielen der SeMiGos als Preise eben keine Logobälle, sondern Pflitsch-Honig aus Berlin, Honig von der Zionskirche und von Golfplätzen im Berliner Umland.
Gerhard Steinmann
02.09.2021